Eigentlich waren es immer die Römer, die spinnen. Aktuell sind es die Börsenpreise, die schier unaufhaltsam steigen – und wieder fallen. So wurde der April zu Wochenbeginn mit 48 ct/kWh, teilweise sogar bis 60 ct/kWh gehandelt. Gestern Abend, Donnerstag 10.03.2022, waren es schließlich 30 ct/kWh. Wohlgemerkt: für den Durchschnitt der April-Stundenpreise, also jener Wert, der in ein paar Wochen der Monatsmarktwert für den April werden könnte.

Der Strompreis ist aktuell ein Spielball einzelner Akteure

Die Märkte für Kohle, Erdöl, Erdgas und Uran reagieren auf den Krieg in der Ukraine. Die Stromhändler speziell befürchten eine weitere Verknappung des Erdgases, das insbesondere im Winter für die flexible Stromerzeugung benötigt wird. Jegliche Meldung über das Kriegsgeschehen in der Ukraine, seien sie positiv oder negativ, lässt Preise in ungeahnte Höhen schnellen oder in ebensolche Tiefen fallen. Zudem ist dieser Terminmarkt kein großer Markt, d.h. die gehandelten Mengen sind oft nur gering. Einzelne kleine Angebote suggerieren Preise, die nicht wiederholbar sind.

Der Markt schwankt extremst. Vorhersagen sind nahezu unmöglich geworden.

Nun gibt es von vielen Direktvermarktern Festpreismodelle, d.h. man bekommt eine bestimmte Menge zu einem festgelegten Preis „garantiert“. Der Betreiber verpflichtet sich, die versprochenen Menge auch zu liefern, in der Form, die der Direktvermarkter vorschreibt. Es klingt sehr verlockend, wenn eine Anlage vielleicht 26 ct/kWh oder gar 30 ct/kWh „fest“ vergütet bekommt, insbesondere dann, wenn die EEG-Vergütung inklusive aller Boni nur bei 20 ct/kWh liegt.

Aber ist das nun gut oder schlecht?

Ab wann lohnt sich das Geschäft?

Auch wir werden die Fragen nicht final beantworten können. Durchleuchten wir also die Modelle und betrachten die Auswirkungen vor dem Hintergrund der immer relevanter werdenden Flexibilität.
Es gibt zwei klare Vorteile in diesen Festpreismodellen:

Wegfall der Höchstbemessungsleistung

Der Betreiber kann im Festpreismodell meist seine Höchstbemessungsleistung überfahren. Er hätte in der normalen EEG-Vermarktung dann nur den Monatsmarkt des betroffenen letzten Monats, vermutlich den des Dezembers, bekommen. Stand 10.03.2022 wird der Dezember 2022 zwar für 25 ct/ kWh gehandelt, aber das wird sich natürlich mit Fortschreiten des Jahres noch mehrfach ändern. Im Festpreismodell hingegen hat der Betreiber den Wert für seine gesamte vereinbarte Liefermenge gesichert.

Bitte aber aufpassen: Genehmigungsgrenzen müssen trotz aller Verlockung streng eingehalten werden!

Fester Preis gibt Sicherheit – aber bei fallenden Märkten

Manche Betreiber sichern sich gerne ihre Verkaufspreise ab. Was bei Getreide oder Milch schon lange üblich war, findet nun Einzug in den Biogas-Strommarkt. Gehen die Preise dann tatsächlich nach unten, war die Entscheidung richtig und ertragsseigernd. Bei weiter steigenden Börsenpreisen aber kann der Betreiber diese Vorteile nicht mehr mitnehmen, er bleibt beim vereinbarten Preis „hängen“. Eine ganz normal direktvermarktete Anlage würde übrigens jeden Preis mitnehmen, gute wie schlechte.

Es lohnt sich also, einen Blick auf die sogenannten Future-Preise der EEX zu werfen und vorher abzuwägen, ob der angebotene Festpreis die Marktsituation auch widerspiegelt. (https://www.eex.com/en/market-data/power/futures#%7B%22snippetpicker%22%3A%22EEX%20German%20Power%20Future%22%7D).

Die Entscheidung ist dann perfekt, wenn der Festpreis zum Zeitpunkt der Preisspitzen abgeschlossen wird. Diesen Zeitpunkt aber vorherzusagen ist unmöglich. Der Betreiber verlässt sich dabei ausschließlich auf sein Bauchgefühl.

Nichts ist umsonst, schon gar keine Absicherung

Auch muss das Angebot „gut“ sein, also nahe am tatsächlichen Preis. Genau hier ist ein breites Feld von Konditionen und Risiken versteckt. Am Montagabend, 07.03.2022 noch wurde der Durchschnittspreis für April bis Dezember 2022 bei 38,7 ct/kWh gehandelt. Bei einem Festpreis-Zuschlag von 28 ct/kWh wäre sehr viel Marge beim Direktvermarkter geblieben – je nachdem wie und wann dieser gehandelt hat.

Der Händler wird grundsätzlich nie ins Risiko gehen, das würde seine internen Regeln nicht zulassen. Das Risiko und die Kosten dafür trägt stets der Betreiber.

Mischpreismodelle (ein Teil Festvergütung, ein Teil nach Marktwert) bergen noch eine weitere Gefahr: was passiert, wenn der Marktwert wider Erwarten unter die EEG-Vergütung fällt? Was passiert insbesondere, wenn ich die versprochene Leistung nicht halten kann, darüber oder darunter liege? Verträge sollten auch diese Fälle fair abdecken, mindestens muss auf dies Risiko hingewiesen werden. Die relevanten Fragen sind:

Wann und wie muss ich Ausfälle melden? Wer bezahlt die Ausgleichsenergie?
Was passiert, wenn die monatlichen Strommengen nicht einhalten werden?
Welcher Preis wird beim Überfahren des Monats bezahlt, welchen Preis bezahlt die Anlage beim Unterfahren?
Kann ich das Festpreismodell mit Fahrplänen und/oder Regelenergie kombinieren?
Bliebt die Anlage im EEG? Was ist mit der Flex-Prämie?

Die Nachteile des Festpreismodells werden vor allem bei flexiblen Anlagen sichtbar. Die Botschaft an Politik und Öffentlichkeit könnte sogar fatal werden.

Flexible Anlagen können die Fahrplanerlöse verlieren

Die meisten Direktvermarkter wollen den Strom als Grundlast (in Börsensprache „base“ genannt) einkaufen. Das bedeutet schlicht, sie möchten Dauerläufer mit möglichst wenig Schwankungen oder Ausfällen.

Fahrplanerlöse sind damit nicht möglich – und das ausgerechnet in Zeiten von hohen Börsenpreisen, in denen selbst doppelt bebaute Anlagen auf 2,5 ct/kWh kommen, hochflexible auf 7 ct/kWh und mehr. Zwar gibt es Modelle, die beides zulassen (Absicherung des Preises und Fahrplan), aber die Konditionen waren bei diesen bisher deutlich unter dem Börsenniveau.

Das Signal nach Berlin muss sein: unsere Flexibilität hilft insbesondere auch in dieser Zeit

Was aber am meisten Sorge bereitet, ist nicht einmal der unmittelbare Nachteil, sondern das Signal, das dabei von Biogas ausgesendet wird. Die Branche hat über Jahre hinweg versucht, sich wieder etwas ins positive Licht zu rücken. Gelungen ist dies über die Flexibilität, die mit der Energiewende immer wichtiger wurde und noch weiter an Bedeutung zunehmen wird.

Wenn die Biogasanlagen, und noch schlimmer, die flexiblen Biogasanlagen, Strom produzieren obwohl Wind- und PV-Strom das Netz fluten und die Preise drücken, ist die Botschaft an Berlin: Wir haben es nicht verstanden und wollten einfach nur das Geld mitnehmen.

Flexibilität ist der entscheidende Mehrwert

Flexible Biogasanlagen können genau in dieser Zeit, in der Europa wieder zusammenrückt, ihre Flexibilität ausspielen: Hohe Stundenpreise und dynamische Viertelstundenpreise können automatisch von einem dynamischen Fahrplan abgefahren werden. Dadurch werden kurzfristige Unsicherheiten in der Beschaffung und beim Verbrauch über die Börse ausgeglichen – die daraus resultierenden Fahrplanerlöse erhöhen die Einnahmen der Anlagen.

Längere Hochpreisphasen kann die Anlage mit Fütterungsanpassungen mitnehmen (Saisonfahrpläne). Später, wenn die Preise des Jahresendes näher rücken und sicherer werden, kann auch mit der Höchstbemessungsleistung gearbeitet werden. Nicht unwesentlich ist der Beitrag zur Sektorenkopplung. Wärmenetze wollen hauptsächlich im Winter bedient werden.

Flexible Biogasanlagen können all dies perfekt und richtig machen, besonders jetzt. Wir sollten das vielleicht beste Argument für Biogas nicht für ein paar vermeintlich „sichere“ Cents hergeben.

Übrigens: der Markt ist wieder gesättigt

Die Börse hat sich wieder beruhigt. Das gehandelte Volumen war seit jeher nicht groß, die die Einkäufer haben sich bereits eingedeckt. Die Terminbörse ist aktuell „leer“. Es werden kaum neue Verträge zustande kommen.

Was macht die SKVE?

Die SKVE bietet in Kooperation mit ihrem Direktvermarktungspartner gerne auch Festpreismodelle an. Wir können dies natürlich in den meisten Fällen mit unseren Fahrplänen kombinieren. Fragen Sie bei uns oder Ihrem Direktvermarkter nach.

Wenn es sich wieder lohnt.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende,
Christian Dorfner
SK Verbundenergie AG

Dr.-Leo-Ritter-Str. 4
Tel. 0941 20828-60
christian.dorfner@skve.de

93049 Regensburg
Fax 0941 208286-1
www.skve.de

Vorsitzender des Aufsichtsrats: Thomas Kinitz
Vorstände: Johannes Schwarz, Christian Dorfner
Sitz und Amtsgericht Regensburg, HRB 15300

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